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„Ich hab doch nichts zu verbergen“ – 7 Gründe, warum dieser Satz gefährlich ist

I’ve Got Nothing to Hide”? 7 Reasons Why That’s a Dangerous Myth

Du kennst ihn sicher auch, diesen einen Satz, der fast immer fällt, wenn es um Datenschutz geht:

„Ich hab doch nichts zu verbergen.“

Vielleicht hast du ihn selbst schon mal gedacht oder gesagt – aus dem Bauch heraus, ohne böse Absicht. Verständlich: In einer Welt, in der wir täglich unsere Daten preisgeben, erscheint es manchmal einfacher, das Thema wegzuschieben.

Aber was, wenn genau dieser Satz das Problem ist?

Was, wenn er eine gefährliche Illusion erzeugt – nämlich, dass Datenschutz nur für Kriminelle oder Paranoide wichtig sei?

Wir sagen: Datenschutz schützt nicht, weil wir etwas verbergen – sondern weil wir etwas zu verlieren haben.

Unsere Freiheit. Unsere Rechte. Unsere Würde.

In diesem Artikel zeigen wir dir 7 gute Gründe, warum du diesen Mythos hinter dir lassen solltest – und was du stattdessen sagen kannst, wenn dir beim nächsten Gespräch jemand mit einem Schulterzucken kommt.

1. Privatsphäre ist ein Menschenrecht 

Datenschutz ist kein Luxus oder persönliches Hobby. Er schützt unsere freie Meinungsäußerung, unser politisches Engagement, unsere intimsten Gedanken.

Die Vereinten Nationen sehen das genauso: Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte garantiert das Recht auf Privatsphäre. Ohne dieses Recht können Demokratien nicht überleben – denn Kontrolle schafft Einschüchterung, nicht Vertrauen. [¹]

2. Daten leben länger als du denkst

Was heute irrelevant erscheint – dein Standortverlauf, deine Google-Suchanfragen, dein Musikgeschmack – könnte morgen politisch brisant sein.

In autoritären Systemen sind scheinbar harmlose Daten plötzlich ein Risiko. Und auch bei einem Jobwechsel oder bei Versicherungen kann dein digitales Ich zum Stolperstein werden. [²]

3. Gesichtserkennung diskriminiert – nachweislich

Automatisierte Gesichtserkennung wird oft als objektiv verkauft – ist sie aber nicht.

Zahlreiche Studien zeigen, dass Systeme People of Color, Frauen und trans Personen* signifikant häufiger falsch identifizieren als weiße Männer.

Fehlidentifikation kann zu Polizeieinsätzen, Verhaftungen oder schlicht Angst führen – bei völlig Unschuldigen. [³]

4. Du wirst überwacht – auch ohne dein Wissen

Kameras mit Gesichtserkennung in Bahnhöfen, Tracking auf Webseiten, Bewegungsanalysen per WLAN – du wirst gescannt, kategorisiert und bewertet, oft ohne zu wissen, dass es passiert.

Einwilligung? Fehlanzeige. Kontrolle? Schwierig. Die Überwachung ist still, aber allgegenwärtig. [⁴]


5. Metadaten sind mächtiger als du denkst

Du denkst, du teilst nichts Persönliches, solange du keine Texte oder Bilder hochlädst?

Falsch gedacht. Metadaten – also Infos darüber, wer, wann, wo und wie lange – reichen aus, um ein komplettes Profil von dir zu erstellen.

Wer deine Metadaten hat, weiß oft mehr über dich als deine Freund:innen. [⁵]

6. Privatsphäre schützt nicht nur dich – sondern alle

Auch wenn du nichts zu verbergen hast: Menschen in deinem Umfeld vielleicht schon.

Aktivist:innen, queere Personen, Betroffene häuslicher Gewalt oder Whistleblower – sie brauchen sicheren digitalen Raum.

Und jede:r von uns kann dazu beitragen, indem wir Privatsphäre kollektiv verteidigen. [⁶]


7. Überwachung wächst – und lässt sich selten zurückdrehen

Neue Überwachungsgesetze oder Technologien entstehen oft unter dem Vorwand „Sicherheit“.

Doch sobald sie eingeführt sind, bleiben sie – auch wenn der ursprüngliche Anlass längst vorbei ist.

Datenschutz ist Vorsorge für die Zukunft. Für deine, für unsere – und für die nächste Generation. [⁷]

Das kannst du stattdessen kontern

✅ „Ich habe ein Recht auf Privatsphäre – und das sollte nicht erst dann zählen, wenn ich etwas zu verbergen habe.“

Oder:

✅ „Nur weil ich nichts zu verbergen habe, heißt das nicht, dass ich alles preisgeben will.“

Oder:

✅ „Privatsphäre ist kein Verdacht, sondern ein Grundrecht.“

Quellen

[1] UN-Menschenrechtscharta, Artikel 12: https://www.un.org/en/about-us/universal-declaration-of-human-rights

[2] EFF – Surveillance Self-Defense: https://ssd.eff.org

[3] MIT Media Lab – Gender Shades: http://gendershades.org/

[4] netzpolitik.org – Gesichtserkennung & Überwachung: https://netzpolitik.org/tag/gesichtserkennung/

[5] The Guardian – Metadata and surveillance: https://www.theguardian.com/technology/2014/jun/12/metadata-web-history-government-surveillance

[6] Privacy International – Solidarity & Surveillance: https://privacyinternational.org

[7] CCC – Gesetzgebung & Überwachung: https://www.ccc.de

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